Die erkennungsdienstliche Behandlung
Bei der erkennungsdienstlichen Behandlung handelt es sich um die Erfassung von Daten in der Regel durch die Polizei. Typische Maßnahmen sind Anfertigung von Fingerabdrücken und Portraitaufnahme sowie Ganzkörperfotos. Zulässig sind alle Maßnahmen, die der Feststellung der körperlichen Beschaffenheit dienen. Das bedeutet, sämtliche Körperteile und Merkmale können grundsätzlich fotografiert, vermessen oder in anderer Weise registriert werden. Die Entnahme von DNA Material gehört nicht zur ED Behandlung sondern erfordert einen richterlichen Beschluss.
Die erkennungsdienstliche Behandlung erfolgt meist nach § 81b StPO und ist zulässig, wenn sie für die Durchführung des Strafverfahrens oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist. Dann kann die erkennungsdienstliche Behandlung auch gegen den Willen des Betroffenen durchgeführt werden.
Sollte von Ihnen eine erkennungsdienstliche Behandlung verlangt werden, wenden Sie sich schnellstmöglich an Ihren Anwalt für Strafrecht.
Die erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b StPO
Die erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b StPO darf auch gegen den Willen des Betroffenen durchgeführt werden, soweit sie für die Zwecke
- der Durchführung des Strafverfahrens oder
- des Erkennungsdienstes
notwendig ist. Die erkennungsdienstliche Behandlung darf nur beim Beschuldigten durchgeführt werden. Es muss also nicht nur Tatverdacht vorliegen, sondern bereits ein Ermittlungsverfahren laufen. Gegen Verdächtige, die noch nicht offiziell Beschuldigte sind, kann lediglich eine Maßnahme nach § 163b I StPO angeordnet werden. Bei Strafunmündigen (unter 14 Jahre) darf keine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b StPO durchgeführt werden.
ED Behandlung zur Durchführung des Strafverfahrens – Voraussetzungen und Rechtsbehelf
Die erkennungsdienstliche Behandlung kann von den Beamten des Polizeidienstes sowie Staatsanwaltschaft oder Gericht angeordnet werden. Die ED Behandlung ist für die Durchführung des Strafverfahrens notwendig, wenn sie zur umfassenden und vollständigen Aufklärung des Sachverhaltes erforderlich sind. Dabei kommt es auf die verständige Würdigung der Sachlage an. Die Maßnahme muss außerdem Verhältnismäßig sein.
Besonders wichtig sind in diesem Zusammenhang die Fingerabdrücke zum Abgleich mit Spuren am Tatort und Portraitfotos zur Vorlage an Zeugen im Strafverfahren.
Über die Anordnung durch die Polizei und Staatsanwaltschaft kann der Betroffene entsprechend § 98 II 2 StPO gerichtliche Entscheidung beantragen.
Gegen die richterliche Anordnung ist die Beschwerde nach § 304 I StPO statthaft.
ED Behandlung zur Prävention – Voraussetzungen und Rechtsbehelf
Die erkennungsdienstliche Behandlung muss auch hier notwendig sein. Notwendig ist die Maßnahme, wenn sie geeignet und erforderlich ist und nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der Stärke des Tatverdachts steht (OVG Lüneburg, Beschluss vom 17.12.2004, 11 ME 264/04). Das ist in der Regel der Fall, wenn nach kriminalistischer Erfahrung im Einzelfall von einer Wiederholungsgefahr auszugehen ist oder die Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Person erneut straffällig werden könnte. Zusätzlich muss die erkennungsdienstliche Behandlung geeignet sein, die entsprechenden Ermittlungen dann zu fördern (BVerfG, Beschluß vom 16. 5. 2002, 1 BvR 2257/01). Die erkennungsdienstliche Behandlung wird in der Regel angeordnet bei:
- Gewerbsmäßigem Tathandeln
- Gewohnheitsmäßigen Vergehen
- Wiederholungstäter
In jedem Fall muss eine Abwägung stattfinden zwischen dem öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Straftaten und den Grundrechten des Betroffenen.
Bei Jugendlichen sind die Voraussetzungen besonders hoch. Hier kann die Wiederholungsgefahr nur angenommen werden, wenn bereits verfestigte schädliche Neigungen vorliegen. Außerdem darf es sich nicht um klassisches jugendliches Fehlverhalten handeln, das typischerweise nur vorübergehend ist. Es muss in die Abwägung auch einfließen, dass die ED Behandlung und der daraus folgende Verdacht die Persönlichkeitsentwicklung negativ beeinflussen kann.
Für die Anordnung zur Prävention ist ausschließlich die Kriminalpolizei zuständig.
ED Behandlung nach § 163b I 3 Alt. 3 StPO
Die erkennungsdienstliche Behandlung nach § 163b I 3 Alt. 3 StPO ist zulässig zur Identitätsfeststellung von Verdächtigen. Voraussetzung dafür ist, dass der Betroffene einer Straftat verdächtig ist und die Maßnahme zur Identitätsfeststellung erforderlich ist. Das ist der Fall, wenn die Identität sonst nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Die offizielle Einstufung als Beschuldigter ist nicht notwendig.
ED Behandlung nach § 49 AufenthG
Die erkennungsdienstliche Behandlung von Ausländern nach § 49 AufenthG ist zulässig, wenn
- der Betroffene unerlaubt nach Deutschland eingereist ist, keinen Asylantrag gestellt hat und nicht sofort in Abschiebehaft genommen oder zurückgeschoben werden kann (§ 15a AufentG i.V.m. § 49 IV AufenthG)
- der Betroffene mit verfälschtem Pass einreisen wollte
- Verdacht besteht, dass der Betroffene nach einer Beendigung des Aufenthalts erneut unerlaubt einreisen will
- der Betroffene vollziehbar ausreisepflichtig ist und Zurückschiebung oder Abschiebung in Betracht kommt
- ein nationales Visum beantragt wird
- der Betroffene in einen in sicheren Drittstaat zurückgewiesen wird
- vorübergehender Schutz nach § 24 AufenthG, § 23 und § 29 III AufenthG gewährt wird
- ein Versagungsgrund (Ausweisungsinteresse) festgestellt worden ist
Erkennungsdienstliche Behandlung nach § 16 AsylG
Nach § 16 AsylG ist die Identität eines Ausländers, der Asyl beantrag, durch erkennungsdienstliche Behandlung zu sichern. Dafür dürfen nur Lichtbilder und Fingerabdrücke aller zehn Finger angefertigt werden. Bei Kindern (unter 14 Jahre) dürfen nur Lichtbilder angefertigt werden.
Darüber hinaus können zur Bestimmung der Herkunftsregion Sprachaufzeichnungen gespeichert werden.
Die Fingerabdrücke werden an das Bundeskriminalamt übermittelt und mit dem Automatisierten Fingerabdruckidentifizierungssystem (AFIS) der deutschen Polizei und dem europäischen EURODAC vabgeglichen. Zweck dieses Abgleiches ist die Erkennung mehrerer Identitäten einer Person sowie mehrerer Asylanträge.
ED Behandlung nach Polizeirecht
In verschiedenen Landespolizeigesetzen ist die erkennungsdienstliche Behandlung ähnlich wie in der StPO geregelt. Zweck ist meist die Identitätsfeststellung und die präventive Bekämpfung von Straftaten.
ED Behandlung nach Paßgesetz
§ 4 IV 1 PaßG:
Die Fingerabdrücke werden in Form des flachen Abdrucks des linken und rechten Zeigefingers des Passbewerbers im elektronischen Speichermedium des Passes gespeichert.
Bestehen Zweifel über die Identität eines Bewerbers für einen Pass, kann die Passbehörde nach § 6 III 2 PaßG die erkennungsdienstliche Behandlung veranlassen, wenn die Identität auf andere Weise nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann.
Erkennungsdienstliche Behandlung nach § 86 StVollzG
Im Strafvollzug ist folgende erkennungsdienstliche Maßnahmen nach § 86 StVollzG zur Sicherung des Vollzuges zulässig:
- die Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken,
- die Aufnahme von Lichtbildern mit Kenntnis des Gefangenen,
- die Feststellung äußerlicher körperlicher Merkmale,
- Messungen.
Die erkennungsdienstlichen Unterlagen werden zur Gefangenenpersonalakten genommen. Sie können auch in kriminalpolizeilichen Sammlungen verwahrt werden. Die Daten dürfen nur nach § 87 II StVollzG zur Ergreifung von Flüchtigen an die Vollstreckungsbehörden und Strafverfolgungsbehörden übermittelt werden oder wenn die Voraussetzungen von § 180 StVollzG vorliegen. Das ist zum Beispiel der Fall
- zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit
- zur Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten sowie zur Verhinderung oder Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten, durch welche die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet werden
- für Maßnahmen der Strafvollstreckung oder strafvollstreckungsrechtliche Entscheidungen
erforderlich ist. - soweit dies für Maßnahmen zum Beispiel der Bewährungshilfe oder Führungsaufsicht, Entscheidungen in Gnadensachen, ausländerrechtliche Maßnahmen erforderlich ist.
Nach Entlassung gibt es einen Anspruch auf Vernichtung vieler gewonnener Daten.
Eine Antwort
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich arbeite im öffentlichen Dienst und möchte hiermit fragen, ob eine Person, die bereits an der Außengrenze aufgegriffen wurde und nach § 49 (8) AufenthG erkennungsdienstlich behandelt wurde, erneut erkennungsdienstlich behandelt werden darf, diesmal aber nach § 49 (9) AufenthG, wenn diese im Inland festgestellt wird.